© Annette Sandner

Das Tschecherl: Einfach gutes Essen ohne Firlefanz im »Östro«

Empfehlungen für Restaurants irgendwo zwischen Fine Dining und super simpel? Ganz schwierig. Hohe Qualität aber ohne verkopftes Chichi? Nicht direkt eine simple Wirtschaft, aber bitte kein Fine Dining - und trotzdem ein gutes Glas Wein und schöne Tischkultur? Besondere Produkte aber ein ganzer Teller davon? Fast nicht zu finden. Seit einigen Wochen kann man jetzt guten Gewissens eine Empfehlung in der Münchner Maxvorstadt aussprechen.

Jürgen Wolfsgruber, der einen Steinwurf entfernt schon seit Jahren sein etabliertes »Sparkling Bistro« führt, hat sich hier in der Amalienpassage direkt hinter der Universität einen Traum erfüllt: den vom Bistro mit offener Küche und österreichischem Soul Food aus besten Zutaten.

Wer durch die Tür geht, hinter der sich früher die Kochschule von Küchenlegende Hans Haas verbarg, wird mit einem Lächeln vom herzlichen Team empfangen und hat direkten Blick in die Küche. Wer Glück hat, ergattert einen der vier Tresen-Plätze und kann die ganze Mahlzeit über dem Treiben zwischen Grammelknödeln und Paprikahendl zuschauen und hat den Apfelstrudel für später schon direkt neben sich stehen. Und auch die übrigen Tische im grün gehaltenen Raum sind simpel und hochwertig gedeckt.

Kein Schnickschnack

Weil Wolfsgruber zwar ein Tausendsassa ist, sich aber trotzdem nicht zweiteilen kann, ist Nico Sator als Küchenchef im Tschecherl verantwortlich. Von Dienstag bis Freitag sind er und sein Team durchgehend von 12 bis 20 Uhr an ihrem Herdblock und kochen aus der kleinen Karte, was das Herz begehrt – oder eine Zusammenstellung nach ihrem eigenen Tages-Gusto, als »Ö-Makase« (einmal alles zum Teilen) für 65 Euro.

Wir wollen einfach kochen – aber auf dem besten Zubereitungsweg mit ausgesuchten Zutaten. Handwerklich perfekt umgesetzt und ohne Firlefanz

, sagt Sator, der als geborener Münchner am Schliersee aufgewachsen ist und auch seine Karriere weitgehend in Bayern verbracht hat.

Eine Ode an Österreich

Die Speisen im Tschecherl orientieren sich an österreichischen Klassikern (Wolfsgruber ist vor einigen Jahren aus der Mondsee-Region nach München gekommen), lassen aber natürlich auch saisonale Gerichte mit hiesigen Produkten zu. Die Innviertler Grammelknödel mit Sauerkraut sind jetzt schon ein »Signature« und wirklich unverschämt gut und an den Wachauer Marillenpalatschinken kommt man freilich auch schlecht vorbei.

Trotz der kleinen Karte fast schon schwer, sich festzulegen, denn Paprikahendl vom Sulmtaler Gickerl oder Spargel mit Erdäpfeln, Bozner Sauce und Trüffelschinken klingen genauso gut wie die Naturschnitzerl vom Milchkalb mit Risi Bisi – oder doch die Seeforelle mit Karfiol?

Tradition mit Twist

Anders als in der Ursprungsform der Wiener »Tschecherl«, in denen als sehr einfache Gasthäuser im 19ten bis ins 20te Jahrhundert hinein vorwiegend Kaffee, Schnaps und Bier ausgeschenkt wurde, kommt in Wolfsgrubers Tschecherl selbstverständlich guter Wein in schöne Gläser.

Nicolas Spanier, der nebenan das »Sparkling Bistro« mit seiner Weinkompetenz bereichert, kuratiert auch hier die Getränkeauswahl und damit einige tolle Weine, Cidre und Säfte. Zuweilen darf es zum Gulasch auch mal ausgewähltes österreichisches Dosenbier sein, denn Zwinkern ist erlaubt und zum Lachen in den Keller gehen muss man in dieser Lokalität zum Glück nicht.

Einfach gut

Was also ist das Besondere an dieser einfachen, aber sehr guten Küche? »Wir haben in Deutschland zu wenige Menschen, die den Anspruch haben, so zu essen – leider!«, sagt Sator. »Die gutbürgerliche Küche ist schon seit Jahren ein Thema für mich, selbst bei mir in der Region gibt es so gut wie keine guten bayerischen Gasthäuser. Es ist schon sehr wichtig, von Grund auf gut zu kochen – und auch die Freude daran zu vermitteln.«

In Italien und Frankreich gibt es diesen Spagat zwischen richtig guter Küche mit Anspruch, aber eben am Boden geblieben. Ohne versteckte Ambitionen auf hohe Auszeichnungen. Ohne Blend-Effekte und ohne Menü-Zwang. Dort nennt sich das dann nicht Konzept, sondern Esskultur. Bei uns sind solche Läden leider mehr als rar. Umso schöner, dass wir in München jetzt einen haben.

Das Tschecherl

DI - FR 12-21 Uhr
jeder erste Samstag im Monat 12-21 Uhr
letzte Bestellung 19:30 Uhr

https://www.dastschecherl.com/


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Annette Sandner
Annette Sandner
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